Uwe Jonas

Messias

 

Jonas © VG Bildkunst 2020

Mein Interesse gilt der Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen zur Transformation der Gesellschaft – aber was heißt das eigentlich? Zu Zeiten der Vereinzelung und Verunsicherung, vor allem im Bereich der Künste, stehen die sich in ähnlich prekären Verhältnissen Tummelnden (getummelt Habenden) vor einer gähnenden Leere und fürchten um ihre Existenzen. Geht es weiter, und wenn ja wie? Wird alles anders oder doch so bleiben wie es ist/war? Hier kommt die Idee des Messias ins Spiel, der Heilsbringer, von allen sehnsüchtigst erwartet, der die Hoffnung zurückbringt, dass die Menschheit/Gesellschaft alles erreichen kann – es liegt nur in ihren, also allen Händen. Mehr Transformation geht fast nicht, aber es ist auch nur eine Metapher für einen gesellschaftlichen Zustand, der sich zwar immer wieder anpasst aber Veränderung eigentlich ablehnt und nur angeht, wenn „Sachzwänge“ es fordern, da Veränderungen als Verunsicherungen verunglimpft werden, ohne die alltägliche Transformation (Umverteilung) zugunsten der stärksten Lobbygruppen wahrzunehmen. So vereint sich alles in diesem Bild: „Ein Messias aber weckt die Hoffnung, die bestehende Ordnung zu überwinden und an ihrer Stelle eine Ordnung allumfassender Gerechtigkeit und des Glücks zu errichten.“ (chrismon. evangelisch.de/ artikel/2010/1797/wie-wird-man-messias, Mai 2020)

Sicherlich ein religiöser Topos, aber eben hochaktuell und vor allem recht revolutionär. Das mache ich also mit mir selbst: Ich als Projektionsfläche für alle, darüber hinaus realisiere ich Kunst im öffentlichen Raum, Videos u.v.m.  – alles und immer mit Blick auf die Gesellschaft.

Eigentlich ist jetzt die Zeit der Kunst, Fragen aufzuwerfen, Bilder zu fangen, Situationen zu beschreiben, Anstöße zu geben und vor allem nach vorne zu blicken, nur fällt mir gerade so gut wie nichts ein. Wie viele fühle ich mich eher leer, nicht entwertet/unnütz wie einige, nur eben etwas ideeenlos – aber auch das ist eigentlich Normalität in kreativen Prozessen. Eine Intervention im öffentlichen Raum, die ich seit einem Jahr plane und nun umsetze, nichts großes, kommt mir allerdings gerade zu niedlich daher, eher eine ästhetische Spielerei als eine Frage. Momentan ist also alles im Fluß und ich bin guter Hoffnung, dass sich die ein oder andere Idee findet, die sich konkreter mit der momentan einsetzenden Transformation auseinandersetzt. Die erste, vielleicht auch naheliegendste, ist nun der „Messias“, der auch mir Hoffnung geben soll.

Uwe Jonas

Uwe Jonas (geb. 1962 in Hamburg, Studium der Politikwissenschaften) arbeitet seit 1993 als Bildende Künstler und Kurator. Verfolgt einen konzeptionellen, kontextorientierten Ansatz mit dem Fokus auf gesellschaftliche Transformationsphänomene, meist im öffentlichen Raum. Lebt und arbeitet in Berlin.

Uwe Jonas (born 1962 in Hamburg, studied political science) work since 1993 as an artist and curator in Berlin. Followed a conceptual and context oriented attempt with a focus on the transformation of the society, mostly in the public space.

www.uwejonas.net